Der Energieanbieter Primastrom steht schon seit langem in der Kritik. Die Beschwerden von Verbrauchern über Primastrom häuften sich. Ignorierte Informationspflichten, heimliche Preiserhöhungen oder missachtetes Sonderkündigungsrecht – dies sind nur einige Punkte, mit denen Primastrom-Kunden zu kämpfen haben.
Doch die Verbraucherzentralen lassen Sie nicht allein.
Die Bundesnetzagentur hat ein Aufsichtsverfahren gegenüber der Primastrom eingeleitet und der Bundesverband der Verbraucherzentralen Klage eingereicht. Im Zuge dessen wurde ein Vergleich geschlossen und Primastrom dazu verpflichtet, rechtswidrige Preiserhöhungen gegenüber privaten Haushalten zurückzunehmen.
Wie Sie rechtswidrige Praktiken von Primastrom erkennen, wie Sie sich wehren können und wie die Verbraucherzentralen Sie dabei unterstützen, erfahren Sie hier.
Das Wichtigste zu den Vorwürfen gegen Primastrom in Kürze
Hilfe für Geschädigte:
Im Schadensfall können Sie von dem Vergleich profitieren. Wie genau und wer überhaupt davon profitieren kann, erklärt die Verbraucherzentrale.
Zudem bietet sie einen Vergleichs-Check und eine Mail-Vorlage für das Unternehmen an.
Primastrom gehört zusammen mit Voxenergie (ein ebenfalls von Verbraucherzentralen und der Bundesnetzagentur angezählter Energieversorger) zur Muttergesellschaft Primaholding. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Berlin und gilt als umstrittener Komplettanbieter für Gas, Strom, Mobilfunk und DSL.
Obwohl Primastrom mit fairen Preisen sowie einem zuvorkommendem Kundenservice wirbt, berichten zahlreiche Kunden das Gegenteil und in einigen Fällen sogar von rechtswidrigen Geschäftspraktiken.
So seien unerlaubte Werbeanrufe oder Haustürbesuche, bei denen Primastrom-Kunden unbewusst oder unklar kommuniziert Verträge untergeschoben werden, keine Seltenheit.
Primastrom ist alles andere als ein seriöser Energieanbieter. Regelmäßig kommt es zu unangemeldeten Preiserhöhungen, missachteten Kündigungsrechten und Vertragsabschlüssen, die eigentlich nicht zustande gekommen sind. Dazu unten mehr.
Hier finden Sie einen ausführlichen Testbericht über Primastrom inkl. Kunden-Bewertungen: Primastrom Bewertungen und Test
Wenn man die veröffentlichten Berichte der Verbraucherzentralen im Internet durchforstet, stößt man auf viele Strategien, mit denen Primastrom illegal versucht, schnell an Geld zu kommen. Hierzu zählen allen voran:
Wenn ein Energieversorger seine Preise erhöht, dann ist das prinzipiell erstmal erlaubt. Wichtig ist jedoch, dass sich dabei an die vertraglich festgelegten Preisgarantien gehalten wird.
Außerdem muss eine gewisse Frist beachtet werden, in der Kunden die Möglichkeit haben, den Strom- oder Gasvertrag durch Inanspruchnahme des Sonderkündigungsrechts aufzulösen. Auch ist eine gewisse Zeitspanne nötig, damit sich der Verbraucher nach einem neuen Vertrag umsehen kann.
Die gesetzliche Frist bei Preiserhöhungen von Energielieferverträgen: mindestens 6 Wochen im Voraus.
Sonderkündigungsrecht zusammengefasst
„Durch das Sonderkündigungsrecht / außerordentliches Kündigungsrecht können Sie laufende Verträge vorzeitig kündigen.” (Bundesnetzagentur)
Wo es steht: entweder in den AGBs des Vertrags oder im Gesetz
Beispiele für ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht: Preiserhöhung, einseitige Änderungen der Vertragsbedingungen, Umzug
Wichtig: Eine ordentliche Kündigung ist auch ohne Bestätigung des Energielieferanten wirksam.
Mehr Informationen zu Ihrem Kündigungsrecht finden Sie hier. Und hier gibt es eine kostenlose Kündigungsvorlage.
Wie sieht die aktuelle Situation bei Primastrom aus?
Der Verbraucherzentrale Hamburg liegt beispielsweise ein Schreiben von Primastrom vor, in dem am 28. Dezember 2021 über eine Preiserhöhung informiert wurde. Die Preise sollten jedoch bereits zum 01. Januar 2022 anziehen.
Andere Kunden berichten von Schock-Momenten bei der Jahresabrechnung. Erst nach mühseligem Durchforsten vergangener Mitteilungen von Primastrom hat man Hinweise auf eine Preiserhöhung auf einem scheinbar nebensächlichen Zettel gefunden.
Manchmal auch auf nachfolgenden Seiten von themenfremden Informationsschreiben in einer Tabelle. Die Tabelle müsste der Kunde aber erst mit vergangenen Schreiben vergleichen.
Klare Kommunikation und Fristeinhaltung sieht anders aus.
Beschwerden dieser Art häufen sich schon seit Jahren. Kündigungen und Widerrufs-Erklärungen der betroffenen Kunden werden oftmals zunächst ignoriert. Anrufe kommen nicht durch, stattdessen verbringen Verbrauchen Stunden in der Telefonschleife ohne Erfolg.
In einigen Fällen drohte Primastrom auch schon mit einer Klage gegen die Kunden, wenn diese sich weigerten, die höheren Preise zu zahlen.
Diese und ähnliche Beschwerden führten dazu, dass die Verbraucherzentralen im Oktober 2022 rechtliche Schritte gegen Primastrom einleiteten, was schließlich in einem außergerichtlichen Vergleich endete.
Seit März 2024 können Kunden überhöhte Beträge zurückfordern oder früher aus den Verträgen austreten. Zudem sieht der Vergleich reduzierte Preise vor, die bis Ende 2024 durch den Vergleich in Anspruch genommen werden können. Kunden müssen sich dabei lediglich auf den Vergleich berufen.
Die Verbraucherzentrale informiert:
„Auch wenn Ihr Vertrag bereits beendet ist, können Sie möglicherweise für die bereits abgerechnete Zeit Geld zurückverlangen. Für den Fall sollten Sie ebenfalls den Vergleichs-Check nutzen.
(...) Die Frist endet am 31. Dezember 2024."
Eine weitere beliebte Masche von Primastrom sind Telefonanrufe zu Werbezwecken, denen Primastrom-Kunden nie zugestimmt haben. Das sagt die Verbraucherzentrale Niedersachen dazu:
So schützen Sie sich als Primastrom-Kunde bei einem unerlaubten Werbeanruf
Gerade am Telefon lassen wir uns schnell etwas unterschieben. Im Alltag haben wir mit unzähligen Aufgaben zu kämpfen, machen mehrere Dinge gleichzeitig und sind mit dem Kopf ständig woanders.
Wenn also das Telefon klingelt, kann es durchaus sein, dass wir gerade die Kaffeetasse nachfüllen, während wir uns die Schuhe anziehen und den Einkaufsplan am Kühlschrank lesen. Einen Anruf kann man da auch noch irgendwie schnell annehmen.
Das weiß auch Primastrom. Was häufig wie ein ganz unschuldiger Anruf vom Energieversorger aussieht, kann Primastrom-Kunden im Nachhinein teuer zu stehen kommen.
So berichten Verbraucher von plötzlichen Vertragsverlängerungen der Mobilfunkverträge, unerwarteten Abschlagszahlungen beim Strom von 500 € monatlich oder sonstigen neu-abgeschlossenen Verträgen – um nur einige Vorwürfe zu nennen.
Sie finden dieses Verhalten von Primastrom betrügerisch und strafrechtlich relevant? Hierüber können die Verbraucherzentralen nach eigenen Angaben leider kein Urteil fällen. Sie verweisen auf eine Strafanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft, welche Betroffene nur selbst erstatten können.
Immer wieder kommt es vor, dass Primastrom-Verträge unbewusst an der eigenen Haustür abgeschlossen werden. Die Primastrom-Vertreter geben sich dabei als angebliche Mitarbeiter von der Vodafone GmbH, Telekom Deutschland GmbH oder auch der Verbraucherzentralen aus.
Betroffene Kunden, die bei Erhalt der Vertragsunterlagen unverzüglich Beschwerde einlegen, werden dann von Primastrom mit dem „Beiblatt“ konfrontiert. Auf Basis dieses Beiblatts hätten Sie einen Vertrag ordnungsgemäß unterzeichnet.
Das Beiblatt trägt häufig einen unscheinbaren Titel wie „Wir wollen Ihr Vertrauen stärken!“. Die inkognito Primastrom-Mitarbeiter legten jedoch nach Kunden-Berichten das Beiblatt ursprünglich nur vor, um zu bestätigen, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sei.
Unterschreiben Sie niemals irgendetwas bei Fremden an der Haustür!
2019 hat Primastrom bereits eine ähnliche Masche durchgezogen – damals allerdings noch per Telefon. Die Verbraucherzentralen haben Primastrom deswegen im gleichen Zeitraum abgemahnt. Kunden sollen sich bei solchen Vorfällen direkt an die Verbraucherzentrale, Bundesnetzagentur, am besten aber auch direkt an die Polizei wenden.
Nachfolgend finden Sie eine weitere Kundenerfahrung zum Haustürbesuch:
Eine ältere Kundin berichtet von einem überraschenden Besuch eines netten Vertreters an ihrer Haustür. Dieser berichtete eifrig wie viel Geld Sie durch einen Wechsel ihres Stromanbieters sparen könnte.
Obwohl die Dame mit ihrem alten Vertrag zufrieden war, ließ Sie sich von den Überredungskünsten des Manns überzeugen und unterschrieb gleich mehrere Unterlagen.
Kurz darauf sollten mehrere Hundert Euro im Monat von Ihrem Konto für Strom in ihrer kleinen Wohnung abgebucht werden. Die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Thüringen fand heraus, dass die Dame durch vier Stromverträge gleichzeitig beliefert wurde.
Das Verhalten von Primastrom seinen Kunden gegenüber sei laut Bundesnetzagentur und Verbraucherzentralen nicht mehr hinzunehmen. So hat die Bundesnetzagentur bereits im Mai 2022 ein Aufsichtsverfahren gegen Primastrom eingeleitet, der Bundesverband der Verbraucherzentralen Klage erhoben und mittlerweile einen Vergleich geschlossen.
Wie man sich wehren kann, haben Bundesnetzagentur und die Verbraucherzentrale für Sie zusammengefasst:
Hinweis:
Wenn Sie bereits einen Widerruf oder eine Kündigung gegenüber Primastrom erklärt haben, können Sie sich nun einfach auf den Vergleich berufen. Gehen Sie dabei wie folgt vor:
Senden Sie eine E-Mail an Primastrom: vergleich2@primastrom.de
Geben Sie in der E-Mail die benötigten Informationen zu Ihrem Fall an. Diese erfahren Sie, indem Sie den Vergleichs-Check der Verbraucherzentrale nutzen. Der Check führt Sie durch relevante Fragen und erstellt einen passenden Textbaustein für Ihre E-Mail.
Falls Sie Ihren Vertrag noch nicht widerrufen oder gekündigt haben, können Sie dies jetzt nachholen. Nutzen Sie auch dafür den Vergleichs-Check, um vom Vergleich zu profitieren und bessere Konditionen zu erhalten.
Auch wenn Ihr Vertrag bereits beendet ist, können Sie möglicherweise für die abgerechnete Zeit eine Rückzahlung verlangen. Hierfür ist ebenfalls der Vergleichs-Check hilfreich.
Alternativ können Sie Ihr Schreiben auch per Post an das jeweilige Unternehmen senden.
Wichtig:
Die Frist für die Geltendmachung Ihrer Ansprüche endet am 31. Dezember 2024. Handeln Sie also rechtzeitig!
Nachdem der Energielieferant Ihre Kündigung erhalten hat, muss er sie Ihnen innerhalb einer Woche in Textform bestätigen.
In der Bestätigung muss der Lieferant das genaue Ende des Vertrags nennen (§ 41b Abs. 1 S. 2 EnWG).
Eine ordentliche Kündigung ist auch ohne die Bestätigung der Kündigung vom Energielieferanten wirksam.
Bei Energielieferverträgen beginnt die Widerrufsfrist mit Abschluss des Vertrages (§ 356 Abs. 2 Nr.2 BGB).
Verbraucher haben unter bestimmten Bedingungen ein 14-tägiges Widerrufsrecht (§ 355 BGB).
Die Bedingung hierfür ist bei sogenannten Fernabsatzverträgen (ehemals „Haustürgeschäften“) erfüllt.
Der Vertragspartner muss Verbraucher ausdrücklich über das Widerrufsrecht informieren. Bei schriftlichen Verträgen muss die Widerrufsbelehrung im Vertragstext enthalten sein.
Ist das nicht der Fall, verlängert dieses Versäumnis Ihre Widerrufsmöglichkeit.
Der Widerruf sollte in Textform erfolgen.
Die Zahl der unzufriedenen Primastrom-Kunden nimmt zu. Die Frustration und Wut sind dabei nachzuvollziehen. Unangekündigte oder versteckte Preiserhöhungen, unerlaubte Werbeanrufe, Haustürbesuche oder untergeschobene Verträge – Primastrom ist für seine rechtwidrigen Geschäftspraktiken seit Längerem bekannt.
Bei den Verbraucherzentralen steht der Energielieferant ebenfalls auf der Abschussliste. Es bleibt abzuwarten, was bei der geplanten Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbn) gegen Primastrom herauskommt. Fest steht, dass Primastrom sich warm anziehen kann.
Bis dahin haben betroffene Primastrom-Kunden vielzählige Möglichkeiten, sich gegen das Unternehmen und seine gesetzeswidrigen Machenschaften zu wehren. Die Verbraucherzentralen geben auf ihren Websites umfangreich Auskunft und Hilfestellung.
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